[Inhaltsverzeichnis | Abriss ]


August Gutzmer (1860 - 1924)

Von 1905 bis 1924 war der Geheime Regierungsrat Dr. phil. habil. August Gutzmer als Professor mit Lehrstuhl und Direktor des Instituts für Mathematik an der Vereinigten Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg tätig.

Nebenstehendes Bild zeigt ihn im Alter von etwa vierzig Jahren.

  1. Lebensdaten
  2. Lehrtätigkeit in Halle
  3. Schriftenverzeichnis
  4. Doktoranden und ihre Dissertationen
  5. Quellenverzeichnis
A. Gutzmer, etwa 40 Jahre alt

1. Lebensdaten

1860 Am 2. Februar wurde Karl Friedrich August Gutzmer als erstes von insgesamt sechs Kindern des Tischlermeisters CARL AUGUST FRIEDRICH GUTZMER und seiner Ehefrau WILHELMINE, geb. SCHULTZE, in Neu-Rodahn bei Neustadt an der Dosse geboren. Er wurde in der evang. luth. Kirche getauft.
1868Seit dem 3. April lebte August Gutzmer in Berlin.
1870-1881 Besuch der Friedrichswerderschen Gewerbeschule zu Berlin.
1881Am 28. September dort die Abschlußprüfung "Gut bestanden". Dieses Abschlußzeugnis enthält keine Eintragungen über Fremdsprachen. Vom Turnen war Gutzmer befreit.
1881-1884Hörer mathematischer und physikalischer Vorlesungen an der Berliner Universität, ohne immatrikuliert zu sein. Parallel dazu Nachholung einer Ausbildung in Latein, die am 3. April 1884 zu einer Reifeprüfung im Fach Latein am Sophien-Realgymnasium zu Berlin führte.
1884-1887Am 25. April 1884 wird Gutzmer an der Berliner Universität immatrikuliert. Er setzt sein Studium fort bis zum Ende des Wintersemesters 1886/87. Seine mathematischen Lehrer waren u.a. die Professoren L. KRONECKER, K. WEIERSTRASS und L. FUCHS.
1887-1892Tätig als Privatlehrer. Arbeitete auch als Privatgelehrter bei seinen Lehrern FUCHS, KRONECKER und WEIERSTRASS.
1892Am 22. November beantragt Gutzmer an der Philosophischen Fakultät der Vereinigten Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg die Eröffnung eines Promotionsverfahrens. In diesem Antrag schlägt er dem Dekan die Prüfungsfächer, die Prüfer, den Referenten für seine Dissertation und zwei mögliche Prüfungstermine vor. Die Fakultät akzeptiert seine Vorschläge und promoviert ihn am 13. Januar 1893 zum Dr. phil.. Seine Dissertation hat das Thema: Über gewisse partielle Differentialgleichungen höherer Ordnung; Referent: Prof. A. WANGERIN.
1893Zu Ostern (7. März) Verheiratung mit der Rittergutsbesitzerin Helene von BANNASCH aus Friedland, Kreis Beeskow.
1893-1894Seit der Verheiratung bis Ostern 1894 mit der Verwaltung des Rittergutes beschäftigt. Danach Verkauf des Rittergutes, da ihn die Landwirtschaft nicht befriedigte, und Rückzug nach Berlin.
1894-1896Vom 1. April 1894 bis zum 31. März 1896 als Honorar-Assistent an der Technischen Hochschule zu Charlottenburg tätig. Zwischenzeitlich vom 1. Oktober 1894 bis zum 9. Januar 1895 als Einjährig Freiwilliger beim II. Garde Regiment zu Fuß in Berlin (als dauernd dienstuntauglich entlassen).
1894Am 25. Mai Geburt der Tochter Irene, die nach Abschluß einer Ausbildung zur Opernsängerin in Halle (Saale) den ehemaligen Doktoranden ihres Vaters, Herrn Dr. Eduard LETZ aus Könnern (Saale) heiratete.
Am 28. September Wahl in den Vorstand der Deutschen Mathematiker-Vereinigung als Schriftführer.
1896Am 23. April Habilitation an der Universität Halle zum Thema: Zur Theorie der adjungierten Differentialgleichungen.
1896-1899Vom 23. April 1896 bis zum 31. März 1899 als Privatdozent an der Universität Halle tätig.
1899Am 9. März Berufung zum a.o. Professor für Mathematik an die Universität Jena (Besoldung erst ab dem 1. April 1899).
1900-1905Vom 28. Januar 1900 bis zum 2. August 1905 als ordentlicher Professor für Mathematik an der Universität Jena tätig.
Während dieser Zeit lehnte er eine Berufung in das Unterrichtsministerium ab, weil er seine Lehrtätigkeit über alles liebte. Die Jenaer Studenten dankten ihm diese Entscheidung mit einem Fackelzug durch die Stadt.
1900Im Herbst Aufnahme in die Leopoldinische Carolinische Deutsche Akademie der Naturforscher.
1901Wahl zum alleinigen Herausgeber des monatlich erscheinenden Jahresberichts der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Diese Tätigkeit führte er bis zu seinem Lebensende aus.
1904-1907Vorsitz der Unterrichtskommission für den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht.
1905Am 3. August Berufung an die Vereinigte Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg zum ordentlichen Professor für Mathematik (Besoldung erst ab dem 1. Oktober 1905).
1908Am 23. Mai Verleihung des Roten Adler Ordens 4. Klasse an Gutzmer.
1908-1913Vorsitz des Deutschen Ausschuß für den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht.
1913 Am 17. Dezember mit dem Titel Geheimer Regierungsrat ausgezeichnet.
1914-1915Als 219. Rektor der Vereinigten Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg tätig.
1915Am 24. Juli Verleihung des Kgl. Kronenordens 3. Klasse für besondere Verdienste bei der Führung des Rektorats.
Eine zweite Amtszeit als Rektor lehnt er aus gesundheitlichen Gründen ab. Den vorzeitigen Tod vieler begabter Studenten im ersten Weltkrieg konnte er nicht verwinden.
1921Am 1. Dezember Wahl zum 18. Präsidenten der Leopoldinisch Carolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher.
1924 Am 10. Mai verstarb August Gutzmer nach kurzem schweren Leiden. Die Beisetzung erfolgte auf dem Laurentius-Friedhof in Halle. Sein Grab wird als Ehrengrab fortwährend gepflegt.


2. Lehrtätigkeit in Halle

Neben den Anfänger-Kollegs über Differential- und Integralrechnung, Analytische Geometrie des Raumes und Elemente der darstellenden Geometrie hielt Prof. Gutzmer auch Vorlesungen über Gewöhnliche Differentialgleichungen, Analytische Mechanik, Variationsrechnung, Zahlentheorie, Höhere Algebra, Funktionentheorie und Einführung in die Theorie der höheren ebenenalgebraischen Kurven.

Nach der Meinung seines Doktoranden Erich Salkowski war Gutzmer "ein gottbegnadeter Lehrer, der es verstand, die Begeisterung für seine Wissenschaft, die ihn beseelte, auch auf seine zahlreichen Hörer überströmen zu lassen".


3. Schriftenverzeichnis


Kopie des Schriftenverzeichnis, welches A. Gutzmer im Jahre 1900 in den Aufnahme-Fragebogen der Leopoldina geschrieben hatte.
Schriftenverzeichnis v. A. Gutzmer 1900

Nachfolgend sind die weiteren Schriften von A. Gutzmer aufgeführt:

  1. Über gewisse lineare Differentialgleichungen.
    Jber. DMV, 4:160-161, 1894-95.

  2. Neue Herleitung des Kirchhoff'schen Ausdrucks für das Huygens'sche Prinzip.
    Jber. DMV, 4:111, 1894-95.

  3. Heinrich Theodor Sinram.
    Jber. DMV, 5:17-18, 1896.

  4. Luis Gonzaja Gascó.
    Jber. DMV, 8:26-27, 1900.

  5. Jahresversammlung der Deutschen Mathematiker-Vereinigung zu München, 17.-23. September 1899.
    Bibliotheca Mathematica Stockholm, (3) 1:258-261, 1900.

  6. Jahresversammlung der Deutschen Mathematiker-Vereinigung zu Aachen, 16.-23. September 1900.
    Bibliotheca Mathematica Stockholm, (3) 1:495-496, 1900.

  7. Geschichte der Deutschen Mathematiker-Vereinigung von ihrer Begründung bis zur Gegenwart.
    B.G. Teubner Leipzig, 1904.

  8. Über die auf die Anwendungen gerichteten Bestrebungen im mathematischen Unterricht der deutschen Universitäten (Vortrag 3. Int. Math. Kongr. Heidelberg 1904).
    Jber. DMV, 13:517-523, 1904.

  9. Bericht über die Jahresversammlung in Breslau, vom 18. bis 24. September 1904.
    Jber. DMV, 13:561-565, 1904.

  10. Nombres dont les carrés se terminent par les mêmes chiffres.
    Mathesis, (3) 4:269-270, 1904.

  11. Kurze Bemerkung über gewisse lineare Differentialgleichungen.
    Jber. DMV, 14:450-453, 1905.

  12. Zur Theorie der linearen homogenen Differentialgleichungen.
    Verh. Naturf. Ges. Breslau, 2:8, 1905.

  13. Reformvorschläge für den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht.
    Z. math. naturw. Unterr., 36:533-580, 1905.

  14. Allgemeiner Bericht der Unterrichtskommission der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte über ihre Tätigkeit.
    Verh. Naturf. Ges. Meran, 1:142-153, 1905.

  15. Allgemeiner Bericht über die Tätigkeit der Kommission im verflossenen Jahre.
    Z. math. naturw. Unterr., 37:409-426, 1906.

  16. Allgemeiner Bericht der Unterrichtskommission (gegeben auf der Naturforscherversammlung in Dresden 1907).
    Z. math. naturw. Unterr., 38:401-404, 1907.

  17. La préparation des candidats à l'enseignement des sciences mathématique et naturelles (et F. Klein).
    L'enseignement mathématique Paris, 10:5-49, 1908.

  18. Die Tätigkeit der Unterrichtskommission der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte.
    B.G. Teubner Leipzig, 1908.

  19. Geschichte der Deutschen Mathematiker-Vereinigung.
    Jber. DMV, 10:1-49, 1909.

  20. Bericht über die Tätigkeit des Deutschen Ausschusses für den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht im Jahre 1908.
    Z. math. u. naturw. Unterr., 40:359-367, 1909.

  21. Über die Reformbestrebungen auf dem Gebiete des mathematischen Unterrichts in Deutschland.
    4. Math. Kongr. Rom, 3:441-448, 1909.

  22. Bericht über die Tätigkeit des Deutschen Ausschusses für den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht im Jahre 1909.
    Z. math. u. naturw. Unterr., 41:398-406, 1910.

  23. The work done by the German sub-committee on the teaching of mathematics.
    Science, 34:818-820, 1912.

  24. Über die durch die Internationale Mathematische Unterrichtskommission veranlaßten Abhandlungen über den mathematischen Unterricht in Deutschland.
    Jber. DMV, 21:353-357, 1912.

  25. Die Internationale Mathematische Unterrichtskommission und die Berichte über den mathematischen Unterricht in Deutschland.
    Die Naturwissenschaften, Jg. 1913:23-25, 1913.

  26. Bemerkungen über einen geometrischen Satz.
    Unterrichtsbl. f. Math. u. Naturw., 19:11-12, 1913.

  27. Zum Jubiläum der Logarithmen (Rektoratsrede Univ. Halle 1914).
    Jber. DMV, 23:235-248, 1914.

  28. Die Tätigkeit des Deutschen Ausschusses für den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht in den Jahren 1908 bis 1913.
    B.G. Teubner Leipzig, 1914.

  29. Die Tätigkeit des Deutschen Unterausschusses der Internationalen Mathematischen Unterrichtskommission.
    B.G. Teubner Leipzig, 1917.

  30. Ratgeber für die Studierenden der Mathematik an der Universität Halle.
    Niemeyer Halle, 1921.


4. Doktoranden und ihre Dissertationen

1903Büchel, WilhelmZur Topologie der durch eine gewöhnliche Differentialgleichung erster Ordnung und ersten Grades definierten Kurvenschar.
1904Salkowski, ErichZur Bewegung eines Punktes auf Rotationsflächen.
1907Morgenstern, ArthurBeiträge zur numerischen Lösung der Gleichungen fünften Grades.
1908Bolduan, OttoZur Theorie der übergeschlossenen Gelenkmechanismen.
1908Brandes, HansÜber die axiomatische Einfachheit mit besonderer Berücksichtigung der auf Addition beruhenden Zerlegungsbeweise des pythagoräischen Lehrsatzes.
1908Mahlo, PaulTopologische Untersuchungen über Zerlegung in ebene und sphärische Polygone.
1908Zöllich, HansBeiträge zur Theorie der ganzen transzendenten Funktionen der Ordnung Null.
1909Georges, ErnstDie Zusammensetzung der Kräfte.
1910Baruch, AlfredÜber die Differentialrelationen zwischen den Thetafunktionen eines Arguments.
1910Roeser, ErnstDie Verfolgungskurve auf der Kugel.
1910Becker, KarlKörper größter Anziehung auf ein und zwei Ellipsoide von n Dimensionen.
1910Lüders, OttoÜber orthogonale Invarianten der bizirkularen Kurven vierter Ordnung.
1911Eggers, GeorgÜber gewisse mit den Kegelschnitten zusammenhängende ebene Kurven höherer Ordnung.
1911Kössler, HansÜber windschiefe Kegelschnitte.
1911Wäsche, HermannBeiträge zur Untersuchung über Maximalanziehungen homogener Körper bei Zugrundelegung des Anziehungsgesetzes $\frac{1}{\varrho^p}.$
1912Letz, EduardDie Verfolgungskurve des Kehlkreises auf den Rotationsflächen konstanter Krümmung.
1912Nugel, FriedaDie Schraubenlinien. Eine monographische Darstellung.
1913Ackermann, RudolfBöschungsstrahlen und Böschungsflächen.
1913Kurth, FriedrichHerleitung neuer windschiefer Kegelschnitte durch die Bianchische Transformation $B_k.$
1914Albrecht, BernhardÜber das Problem der Brachistochrone der Zeitbewegung für das Anziehungsgesetz $K=m\cdot r^n.$
1914Weber, OttoBinormalenflächen mit einer zur Striktionslinie äquidistanten Asymptotenlinie in Beziehung zu Evoluten Ribaucourscher Kurven.
1916Nelkenbrecher, RudolfDie Regelflächen, die durch Biegung aus den Hauptnormalenflächen der Kurven konstanter Krümmung hervorgehen.
1917Rühlemann, JohannesÜber sphärische Kurven.
1919Spieweck, BrunoGenauere Untersuchung der Kurven $A\kappa + B\tau = \frac{\tau}{\kappa}.$
1920Platen, CharlotteBeiträge zur Untersuchung der harmonischen Kovarianten zweier Kegelschnitte und verwandter Kurven.
1920Post, JuliusÜber die Darstellung ganzer Zahlen als Summe von sieben Kuben.
1921Hampel, HeinrichÜber Aoustsche Kurven.
1922Freund, MargareteÜber das Potential mehrfach belegter Flächen.
1922Kumm, ElisabethDas Potential gewisser homogener Rotationsovaloide.
1922Neubauer, ErnstGloboidschneckenlinien, Globoidische Strahlensysteme und Regelflächen.
1925Tonjanz, ArschakÜber gewisse Biegungsregelflächen des einschaligen Hyperboloids.

5. Quellenverzeichnis

  1. Personalakte Gutzmer. Archiv der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
  2. Dekanatsakten der Phil. Fakultät der Universität Halle aus den Jahren 1892 bis 1925. Archiv der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
  3. Aufnahme-Fragebogen Gutzmer der Leopoldina. Archiv der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.
  4. Dissertation Gutzmer. Bibliothek des FB Mathematik u. Informatik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
  5. E. Salkowski: August Gutzmer. Unterrichtsbl. Math. u. Naturw. XXX (1924) 62-65.
  6. L. Bieberbach: Nachruf des Jber. der DMV. Jber. DMV 33 (1925).
  7. A. Krazer: Zum Gedächtnis an August Gutzmer. Jber. DMV 33 (1925) 1-3.
  8. Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik, Bd. 18 (1886) bis Bd. 49. (1923)


[Inhaltsverzeichnis | Abriss ] Autor: S. Schmerling

optstoch@16. Jan. 2016, 17. Sept. 1998 © goma