Geschichte der Kegelschnitte
1. Das Problem der Würfelverdopplung
Aus Überlieferungen der griechischen Antike ist bekannt, dass Kegelschnitte bereits in
dieser Zeit bekannt waren und intensiv diskutiert wurden insbesondere im Zusammenhang
mit dem Problem der Würfelverdopplung, neben der "Quadratur des Kreises" und der
"Winkeldrittelung" eines der drei berühmten Geometrie-Probleme der antiken Mathematik:
Zu einem gegebenen Würfel der Kantenlänge
a soll,
allein unter Nutzung von Zirkel und Lineal, ein weiterer Würfel konstruiert werden, der
das Volumen 2
a3 besitzt.
Zur Lösung dieses Problems geht es also darum, die Seite
x
des "Ziel"-Würfels vom Volumen 2
a3
konstruktiv zu bestimmen.
Durch
Hippokrates von Chios (ca. 470ca. 410 v. Chr.) wurde um die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. das Würfelverdopplungsproblem in das dazu äquivalente Problem der Ermittlung der beiden mittleren Proportionalen
x und
y zu den zwei gegebenen Längen
a und 2
a überführt:
Zu gegebenem Wert
a sind Zahlen
x und
y so zu bestimmen, dass
a :
x =
x :
y =
y : 2
a gilt.
(Durch Umformungen überzeugt man sich, dass diese zwei Proportionen
a :
x =
x :
y und
a :
x =
y :
2
a einer kubischen Gleichung entsprechen:
durch Multiplikation erhält man zunächst
ay =
x2
(bzw.
y =
x2 :
a) und 2
a2 =
xy woraus durch Einsetzen der ersten in die zweite Gleichung folgt:
2
a2 =
x⋅
x2 :
a, d. h.
2
a3 =
x3 wobei
x die zu bestimmende Kantenlänge des
"Ziel"-Würfels ist.)
Die Aufgabe der Würfelverdoppelung führte mithin auf das Lösen einer kubischen
Gleichung auf die Beschäftigung mit Kurven, die ihr entsprechen.
2. Kurven und ihre "Symptome"
In der griechischen Mathematik wurden Kurven durch ihre "Symptome" angeben durch
Bedingungen, die einen Punkt charakterisieren, der auf der Kurve liegt.
Zum Beispiel: Eine Parabel entsteht durch den rechtwinkligen Schnitt an einem geraden
Kreiskegel mit einem rechten Öffnungswinkel:
In der Abbildung wird die Schnittebene durch die Punkte
A,
Q und
R
charakterisiert, der Öffnungswinkel ist der Winkel ∠
GAP.
Der griechische Mathematiker
Menaichmos
(ca. 380ca. 320 v.Chr.) leitete als
Symptom der Parabel ab, dass für jeden Punkt der Kurve mit konstantem, Punkt-unabhängigem Wert
p, gilt.
Analog lässt sich das
Symptom der Ellipse als
einem rechtwinkligen Schnitt an einem spitzwinkligen geraden Kreiskegel ableiten. Geht
man von einem stumpfwinkligen Kreiskegel aus, so kommt man auf das
Symptom der Hyperbel.
Zurück zum Problem der Würfelverdopplung:
Menaichmos konnte nachweisen, dass die Suche nach Werten
x und
y, die der Proportion
a :
x =
x :
y =
y : 2
a genügen, gleichwertig ist mit der Frage nach dem Schnitt der Kurven der Parabel
y =
x2 :
a und der Hyperbel
xy = 2
a2. Kegelschnitte lassen sich also als beschreibendes, erläuterndes ''Werkzeug'' im Zusammenhang mit der Frage der
Würfelverdopplung auffassen.
Übrigens: Heute wissen wir natürlich, dass das Problem der Würfelverdopplung allein mit Zirkel und Lineal (d.h. mit Hilfe einer Einheitsstrecke und der Möglichkeit, beliebige
rationale Vielfache
davon abzutragen) nicht lösbar ist. Die Seitenlänge des "Ziel"-Würfels hat die Länge
x=
3√
2a, was aus dem Bereich der rationalen Zahlen herausführt:
3√
2a ist ja kein rationales Vielfaches von
a.
Schwerer nachzuweisen, inzwischen aber ebenfalls gelungen, ist die Unlösbarkeit der
beiden anderen klassischen Geometrie-Probleme. Literaturtipp:
Chr. Scriba e.a., 5000 Jahre Geometrie, Springer Berlin, Heidelberg, Wien 2002.
3. Kegelschnitte und ihre Eigenschaften in der antiken griechischen Mathematik
Untersuchungen zu
Eigenschaften der Kegelschnitte lassen sich weit
zurückverfolgen.
Aristaios (ca. 370ca. 300 v. Chr.) und auch
Euklid (ca. 325ca. 265 v. Chr.) verfassten (verloren gegangene) Bücher über Kegelschnitte. Archimedes berechnete insbesondere den Flächeninhalt von Parabelsegment und Ellipse.
Eine entscheidende Verallgemeinerung der Überlegungen findet sich bei
Appolonius von Perge (ca. 262ca. 190 v. Chr.). Er behandelte in seinem aus acht Büchern bestehenden Werk ''KONIKA'' systematisch beliebige ebene Schnitte an einem Kreiskegel, also nicht mehr nur Schnitte im rechten Winkel zur Kegelmantelerzeugenden.
(Aus dem Griechischen:
κονυσ = Kegel.)
Auch für die Tatsache, dass bereits in der griechischen Mathematik praktische
Fragestellungen durchaus eine Rolle spielten, findet sich im Zusammenhang mit Untersuchungen zu Kegelschnitten ein Beispiel:
Diokles (ca. 240ca. 180 v. Chr.) (also ein Zeitgenosse von
Appolonius) beschrieb die Konstruktion eines Brennspiegels zu vorgegebener Brennweite unter Nutzung von Resultaten aus dem Gebiet der Kegelschnitte. (Der beschriebene Spiegel hat die Gestalt eines Drehparaboloids.)
Es kann angenommen werden, dass zu der Zeit von
Appolonius und
Diokles das Wissen über
Kegelschnitte bereits zum mathematischen Grundwissen gehörte.